Moin zusammen!
Ich will gar nicht allzu lange drumherumreden.
Ich habe das Libre-System von Abbot kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt bekommen. Das Abbott FreeStyle Libre ist der talk of the diabetes town und ich hab euch lange mit Fotos geteased. Das lag aber nicht daran, dass ich nichts schreiben DURFTE (mann, die Gerüchteküche brodelt echt immer sofort, wa? :D), sondern schlichtweg einfach die circa drei Stunden, die ich pro Tag so übrig hatte in den letzten zwei Wochen, für ein wenig Schlaf nutzen wollte ;) Auch Diabetiker brauchen ihren Schlaf!
Außerdem war das Symposium von Abbott am Montag des EASD 2014 und ab da erreichten offiziell zum ersten Mal Infos zum Libre die Öffentlichkeit.
Hier ist also mein Erlebnis- und Erfahrungsbericht zum Flash Glucose Monitoring von Abbott. ACHTUNG - Es folgt Text.
WARNUNG: BITTE NICHT MIT EINEM CGM VERGLEICHEN!
Seit 6. September trage ich das Ding nun mit mir herum, mit einer kleinen Pause dazwischen. Abbott lud mich und einige andere Peeps im Rahmen des Launches in sieben Ländern und unter anderem eben Deutschland ein, das Libre gemeinsam mit Ihnen anzusetzen, zu testen und bei einem
Wochenende in Berlin dann auszuwerten. Ich denke, ich habe jetzt genug Zeit damit verbracht und kann meine Beurteilung abgeben.
Die Technik, die begeistert
Das FreeStyle Libre (im Folgenden nur noch Libre genannt) soll kein billiges CGM sein oder durch günstigere Preise das CGM untergraben. Das Libre soll die
Blutzuckermessung revolutionieren, das übliche Pieksen und die Teststreifen versuchen nach und nach zu ersetzen. Es ist die Zukunft, Leute! Aber mal zurück zum Anfang. Das Flash Glucose Monitoring Messsystem ist mit dem eines CGM zu vergleichen. Auch hier wird der Glukosewert mit einem kleinen "Messdraht" (5,0mmx0,4mm) im
Zwischenzellwasser gemessen, nicht im Blut selbst. Das bedeutet, der gemessene Wert hinkt dem aktuellen BZ-Wert immer um plusminus fünf Minuten hinterher. Allerdings überträgt das Libre die Daten nicht permanent an den Empfänger, sondern nur bei Bedarf, das heißt,
wenn man mit dem Empfänger über den Sensor scannt. Dafür speichert der Sensor die permanent gemessenen Werte für bis zu 8 Stunden und beim nächsten Scan hat man eine
wundervolle Wertkurve auf dem Display. Den Trend kann das Libre genauso anzeigen, wie ein CGM, man hat also eine gute Übersicht über die aktuellen Werte und den Weg, den sie gehen. Gescannt werden kann auch durch Kleidung.
Im Moment ist es offiziell nur für Personen über 18 Jahre zugelassen. Die Studien für unter 18-Jährige sollen nächstes Jahr beginnen.
I want my diabetes gadgets to look pretty!
Wie sieht das Libre aus? Der Sensor an sich ist
kaum größer als eine 2-Euro-Münze und weiß. Das Messgerät erinnert mich an das FreeStyle Insulinx, ist aber insgesamt wertiger, liegt bequemer in der Hand und fühlt sich auch besser an, das Display ist flexibel und glänzt ^^. Grau und weiß, naja, immerhin nicht orange.
Das Starterkit kommt mit zwei Sensoren für ca. 170 Euro und ein Sensor kostet ca 60 Euro. Abbott wird das System ausschließlich über einen eigenen
Onlineshop vertreiben. Wer ein Jahresabo Sensoren kauft, spart pro Sensor ein paar Euro. Die Sensoren können dann in verschiedenen Intervallen zugesendet werden, womit sich dann auch die Menge an Versandkosten entsprechend vergrößert oder verkleinert. An sich eine gute Idee, aber ich bin noch skeptisch im Bezug auf die Haltbarkeit der Sensoren (dazu mehr weiter unten).
Der Sensor kommt einzeln verpackt zusammen mit der Setzhilfe, die aussieht wie ein umgedrehter Eierbecher. Dazu viele Bedienungsanleitungen und zum Gerät auch noch ein USB-Kabel und Adapter.
Let's do it! Und: wie fühlt es sich an?
Ich gebe zu, das Setzen machte mir zunächst kurz Angst. Ich habe sowas als Nicht-Pumpenträgerin noch nie vorher gesehen. Es hat was von.... Stempeln, aber wenn man drunter guckt, sieht man die Nadel. Man setzt den Sensor auf die Setzhilfe und drückt dann die Setzhilfe runter auf die Haut und zack - der Sensor sitzt am Arm (
bisher ist er nur dort zugelassen!)! Kaum gespürt. Cool! Geht (vermutlich) auch mit Links! Das Pflaster klebt. Ich frage mich nur direkt von Beginn an: wie lange? Der Sensor an sich hat eine
Tragedauer von BIS ZU 14 Tagen. Ich betone das so, weil er nicht verlängert werden kann (ich kenn doch eure Gedanken!). Ich war skeptisch. Das Pflaster selbst ragt nur wenige Milimeter um den Sensor herum heraus, fragwürdig, wie sich das im Zweifel zusätzlich fixieren lassen könnte. Ich hab das Ding aber direkt nach dem Setzen quasi vergessen, es
trägt sich sehr angenehm. Wider Erwarten bin ich bisher auch kein einziges Mal daran hängen geblieben. Vermutlich ist er wirklich einfach flach!
Und dann?
Dann wird der Sensor mit Hilfe des Messgerätes aktiviert und
nach einer Stunde kann man dann die ersten Werte scannen. Eine Stunde hat noch nie so lange gedauert!!! Haha. Aber in der Zwischenzeit kann man sich mit der Bedienungsanleitung anfreunden, Töne, Datum, Uhrzeit, Zielwerte und so weiter einstellen und sich freuen. Alles lässt sich übrigens ziemlich
intuitiv, easy und schnell bedienen (sagt jemand, der vermutlich die Mehrheit eines Tages an elektronischen Geräten verbringt). Der Sceen könnte manchmal auf den Fingerdruck besser reagieren, aber damit kommt man klar.
Das Scannen geht super easy. Gerät an - scan - und TADAAA: Wert und Trend. Man muss das Gerät vor dem Scannen anschalten, dann scannen. Ich mach das stellenweise bis zu 40 Mal am Tag. Wer von euch würde sich 40 Mal am Tag in den Finger stechen? Ich auch nicht freiwillig. Aber mit dem Ding gehts so einfach, als würde man mal eben auf dem Handy die Uhrzeit checken.
Eben mal schnell den Glukosewert checken. Mir ist es manchmal passiert, dass ich aus Versehen mit meinem Handy scannen wollte. Die Zukunft ist näher als wir denken... ;) Praktisch ist auch einfach die kontinuierliche Kurve. Zum Therapie überprüfen, anpassen und Werte im Zaun halten optimal.
Sagt es denn die Wahrheit?
Abbott selbst sagt, dass das Gerät nach einem Tag Einlegephase seine Genauigkeit erreicht hat. Bei mir war es immer mal so und mal so. Generell bin ich sehr zufrieden mit den Werten des Libre, ich habe am Anfang oft gegengemessen aber
vertraue inzwischen dem Scan (nur bei zu hohen oder zu niedrigen Werten wird nachgemessen. Das kann der Empfänger übrigens auch.Und Ketone messen auch. Aber ich muss zugeben, ich mag die Teststreifen einfach nicht. Die verbrauchen mir zu viel Blut. Wobei, wenn man eh so selten messen muss.... meh. Ich weiß nicht.).
Wie lange hält er durch?
Also. Hm. Das ist eine der schwierigsten Fragen bei diesem Thema.
Abbot sagt, der Sensor hält BIS ZU 14 Tage. Und das ist
hauttypabhängig, was enttäuschen kann, wenn man so ne Kandidatin ist, wie ich. Das Pflaster begann sich direkt in den ersten Tagen leicht drumherum zu lösen, aber zunächst nichts dramatisches. Mein erster Sensor fiel dann nach 10 Tagen ab, und ich hab nicht mal jeden Tag geduscht und extra keinen Sport getrieben, weil ich vorsichtig mit dem Libre sein wollte. Tja, war dem relativ egal. Da war ich grade in Wien und hätte mir eigentlich gewünscht, dass er auf so ner stressigen Reise, wo ich nicht oft zum Messen komme, eher durchhält als abfällt. Mein zweiter sitzt jetzt aktuell seit 6 Tagen. An dem aktuellen Sensor musste ich am zweiten Tag tapen (siehe Bild). Ich gebe zu, er wurde durch das Event in Berlin extrem strapaziert. Ich saß zwei Stunden im Whirlpool. Zwar hatte ich den Arm die größte Zeit aus dem Wasser gehalten, dennoch - ein Experiment, dass leider nicht so richtig funktioniert hat. Abbot selbst gibt dem Sensor 30 Minuten unter Wasser bei 1m Tiefe. Als ich wieder in unserer #flashwg ankam, löste sich das Pflaster unten und man konnte unter den Sensor gucken. Ich habe mich entschieden es mit Tape zu versuchen und die Werte zu vergleichen und zu beobachten. Aber das ist eben das Gefährliche: Löst sich das Pflaster an einer Stelle, kann beim Duschen Wasser unter den Sensor laufen und den Kleber lösen. Und dann? Was, wenn das am dritten Tag passiert? Hmmm.
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Tapey Tapey |
Ich weiß von
anderen Mitbloggern und auch von Abbott, dass ich da wohl eine der Ausnahmekandidatinnen sei und das Pflaster in der Regel gut bis sehr gut auf der Haut hält (und während ich meinem ersten Sensor noch hinterherwinke versuchen die anderen eine Methode zu finden, wie man das Pflaster lange nach Sport und Sauna ohne Klebereste von der Haut bekommt!).
PRO'S & CON'S und mein Fazit
PRO'S
-machen wir uns nichts vor: mit dem Libre kann man bequem, diskret, schmerzfrei und hygienisch seinen aktuellen Glukosewert ermitteln
-ich kann so oft messen, wie ich will
-ich bin mir meiner Werte sicherer, weil ich eine Wertekurve habe und nicht mehr nur einen herausgepickten Wert
-ich kann meine Therapie verbessern und analysieren, was welchen Einfluss auf meinen Blutzuckerwert hat
-es ist vergleichbar günstig
-es benötigt keine Kalibrierung, weil es schon In-House kalibriert wurde
-es ist einfach zu benutzen
-die Auslesesoftware ist einfach herunterzuladen, für Windows und Mac nutzbar, ganz gut auszulesen (aber ich möchte an dieser Stelle nicht genauer darauf eingehen)
CON'S
-wenn du mal länger als 8h schläfst, gehen dir Werte verloren
-ich muss trotzdem in gewissen Situationen noch meinen Wert mit Teststreifen und Blut bestimmen
-das Messgerät kann zwar Blutzucker und Ketone testen, aber es werden keine Stechhilfe, Ketonteststreifen oder Blutzuckerteststreifen mitgeliefert
-nicht viele verschiedene Tabellenansichten, nicht so detailliert wie gewünscht
-Messgerät hat eine einzige Helligkeitsstufe von der ich mich permanent "angeschrien" fühle
-lässt sich leider mit keiner Pumpe verbinden
-es gibt (noch) keine Hüllen, Schutzfolien, Taschen, Accessoires... Das Display und das Gerät sind nach wenigen Tagen herumtragen zerkratzt
-Kontrollzwang kann begünstigt werden
-ist das Pflaster durch, ist das Pflaster durch
-Sensor kann nicht verlängert werden
Ich bin vollkommen davon überzeugt, dass das unsere sehr nahe Messzukunft sein kann. Das Libre ist toll! Vom ersten Tag an haben wir uns gut verstanden und es hat mir geholfen, meine Werte besser zu kontrollieren. Es hat mich flexibler gemacht (und mir wieder einen neuen Gesprächsstarter mit an den Arm gegeben ;) ).
Soweit kann es aber nur kommen, wenn ein solch komfortables Gerät der Masse zugänglich gemacht wird. Und auch wenn der Anschaffungspreis recht günstig ist - ich als Studentin habe nicht eben mal 120 Euro im Monat übrig, um mir davon die Sensoren leisten zu können. Und stellt euch dann dazu das Szenario vor, wenn dann der Sensor nicht 14 Tage durchhalten würde...
Das Libre ist noch nicht gelaunched (apropos: Der Shop soll zwischen Anfang und Mitte Oktober online gehen. Wenn ich ein genaues Datum hätte, würde ich es euch geben!), und bei den Krankenkassen ist es noch lange nicht angekommen. Wie lange das dauert und ob die Krankenkassen es in naher Zukunft übernehmen wollen, ist fraglich.
Mein Sensor ist getaped, und dennoch gehe ich im Moment jeden Tag davon aus, dass er nicht durchhält. Hält er durch, ist es ein tolles Gerät von dessen Message und Funktion ich überzeugt/ absolut geflashed bin!
Ich kann euch nur empfehlen, das System auf jeden Fall zu testen, sobald ihr könnt und zu schauen, wie eure Haut auf das Pflaster und das Scannsystem reagiert. Ich war fast die einzige unserer Gruppe, in der sich das Pflaster derart fix gelöst hat und auch Abbott meinte, das ist nach ihren Beobachtungen eher die Ausnahme. Vielleicht hab ich also einfach ne schwierige Haut.
Wie ich getaped habt, sehr ihr übrigens auf dem Bild oben nochmal.
So, sollten noch irgendwelche Fragen sein, haltet euch bitte nicht zurück!!!
Danke für die Aufmerksamkeit und "YEAH!" an alle, die es bis hierher geschafft haben!
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