Freitag, 22. Juli 2016

Was wäre, wenn...


Was wäre, wenn ich nie die Diagnose Typ 1 Diabetes bekommen hätte? Wenn der Bluttest von vor dreienhalb Jahren rein gar nichts ausgesagt hätte? Wenn ich einfach nur eine dumme Erkältung gehabt und einfach so aus Jux 15 Kilogramm abgenommen hätte? Wenn das viele Trinken doch nur eine Phase gewesen wäre? Was wäre dann?

Ich stelle mir gerade vor, dass mein Leben heute natürlich ganz, ganz anders aussehen würde, hätte ich nur nie die Diagnose Diabetes bekommen. Wie das wohl so wäre, Mitte 20 ohne Diabetes. Essen, Kochen, neue Menschen kennen lernen, feiern, leben ohne Diabetes? Vermutlich wäre es in vielen Bereichen tatsächlich ein ganz anderes Leben. In einer Menge anderer Abteilungen meines Lebens würde es aber vermutlich ähnlich oder genau so aussehen, wie es das jetzt gerade in diesem Moment auch tut. Oder nicht? Oder doch? Nee? Oder?

So genau sagen kann das natürlich keiner. Niemand kann mir genau erzählen "was wäre, wenn...", keiner hat eine "Was-wäre-wenn-Maschine" mit der ich in alternative Gegenwarten schauen kann und ich werde es vermutlich auch nie selbst herausfinden können, so sehr ich es versuche.
Egal ob es hierbei um uns selbst als Diabetes-Patienten geht, um unsere Liebsten, Freunde, Bekannte oder um die eigenen Kinder mit Typ 1: Wir dürfen uns nicht verrückt machen und uns immer und immer wieder "Was wäre, wenn...?" fragen, auch wenn es schwer fällt, denn es hilft niemandem! Nicht uns, die wir uns die Gedanken machen, nicht denen, die es betrifft und nicht die Menschen, die uns sonst im Alltag begleiten. Im Gegenteil. Fragen wir uns permanent, was wir hätten anders oder besser machen können, um vielleicht die Diagnose gar nicht erst in unserem Leben zu haben, oder fragen wir uns, was wir jetzt wohl für eine ganz tolle andere Person mit einem viel leichteren Leben wären, wenn Diabetes nicht in unserem Alltag existieren würde, so verschwenden wir geraderaus unsere Lebensenergie und -zeit (beides sehr kostbare Dinge, übrigens).

Wir leben jetzt und hier und heute mit Diabetes in unserem Leben und unserem Alltag und müssen das Beste daraus machen. Jeder Tag, den wir mit Grübeln verschwenden, ist ein für uns verlorener Tag. Unsere Zeit auf der Erde ist begrenzt und wir wollen sie nutzen, und zwar mit dem, was uns eben für diese Zeit gegeben wurde. Passt auf euch und euren Körper auf, nehmt seine Bedürfnisse ernst aber vergesst niemals, dass ihr einzigartig seid und es von euch nur eine einzige Ausgabe auf dieser Welt gibt.

Aber was wäre, wenn...? Nix da! Leb im hier und jetzt, und versuch, das aller Beste zu geben und aus dir zu machen. Die beste Version von dir selbst zu sein. MIT DIABETES IM ALLTAG. Es ist eine Aufgabe, aber sie ist zu meistern. Niemand interessiert sich für dein Was-wäre-wenn-Ich. Wir wollen dein Hier-und-jetzt-Ich sehen, erleben, fühlen! An der Situation ändern können wir erst einmal nichts, denn der Diabetes ist da. Hier. In unserem Leben. Jetzt gerade in diesem Moment. Und er bleibt.

Stoppt das Grübeln und nehmt das Leben an die Hand.

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1 Kommentar:

  1. Ich habe bereits vor einiger Zeit ein paar Blog-Posts von Dir gelesen und muss dir einfach mein Lob aussprechen. Denn gerade dieser Artikel hier regt wirklich sowohl zum Nachdenken, als auch zum Dankbar sein an!
    Denn ich denke, dass jeder eine Einstellung wie Deine in sein Leben integrieren sollte. Viel zu sehr denken wir an morgen, nächstes Jahr, in 10 Jahren.. Wir sichern uns ab, heben und Dinge "für später" auf oder erleben Sachen "irgendwann anders".
    Was zählt ist das 'hier und jetzt', jeden Moment zu genießen und wirklich zu leben!
    Inspirierender Artikel.
    Wünsche dir nur das Beste
    Fabi

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